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Virtuelle soziale Räume

Matthias Löwe

Mit Start der Covid19-Pandemie in 2020 ließen sich viele Präsenz-Workshops nur schwer oder gar nicht durchführen. Viele Workshops versuchten sich mit Videokonferenz-Systemen zu behelfen und wurden so in den digitalen Raum verlegt. Damit ging der Verlust dynamischer Gruppenbildungen, selbstbestimmter Aktionen im Raum und gemeinsamer Projekte einher. Gleichzeitig erlebten virtuelle, soziale Welten ihre Blüte: Programme, in denen man sich als Avatar in einer gemeinsamen, meist veränderbaren Welt bewegt und mit anderen interagieren kann - Welten, in denen viele bekannte und einige neue pädagogische Formate, sowie mehr Diversität und Anteilnahme möglich sind. Dieser Text soll als Überblick und Inspiration dienen sowie einen Ausblick auf hybride Umsetzungen geben. 

 

Virtuelle soziale Räume in der praktischen Arbeit 

Durch Avatare können Teilnehmende nicht nur eine Repräsentation ihrer Selbst entwickeln, sie müssen sich auch keine Gedanken über ihr Aussehen machen, beteiligen sich mutiger und probieren sich aus. Viele Programme bieten darüber hinaus die Freiheit sich mit Gesten, Figur und Blickrichtung auszudrücken. Auch kann man sich eigenständig im Raum bewegen wobei mittels Spatial Audio in der Nähe stehende Personen lauter zu hören sind als weiter entfernte. Dadurch finden sich schnell Einzel- oder Gruppengespräche zusammen und auch Aufstellungsspiele und Warm-Up Übungen sind möglich. Als Kontrast zum eher passiven Charakter einer Videokonferenz ist hier grundsätzlich eine experimentierfreudige Auseinandersetzung mit dem (Lehr-)Inhalt zu beobachten. Dazu ermöglicht die Digitalität gerade bei offenen Projekten Leitende und Teilnehmende aus anderen Regionen einzuladen, was vorher aufgrund von Zeit und Kosten kaum möglich war.  

Was funktioniert besonders gut? 

Wichtige Aspekte bei der Wahl der virtuellen Welt sind die Kosten, die Niedrigschwelligkeit in technischer und sozialer Hinsicht, die Möglichkeit eigene Räume zu gestalten, zu kollaborieren, zu moderieren und den Zugang zu kontrollieren. Anschließend sollte die gewählte Welt vorbereitet werden: Wie kommen die Teilnehmenden an? Welche Informationen benötigen sie vorab? Dafür sollte eine Plattform gewählt werden, über die alle parallel zu erreichen sind und über die kurz vor Veranstaltung Rückfragen gestellt werden können, die für alle sichtbar sind (z.B. discord, Teams, Big Blue Button etc.). Gut funktionieren Konzepte, die eine kurze gemeinsame Präsenzzeit erfordern und freie Arbeitszeit vor oder nach dem Ende der Veranstaltung ermöglichen. 

Fallstricke 

Die Grundproblematik virtueller Welten ist die Balance zwischen Niedrigschwelligkeit und der Attraktivität der Welt für die Teilnehmenden. Wie sieht die Welt aus? Motiviert sie die Teilnehmenden dazu, in sie eintauchen zu wollen (Immersion)? Auf die technischen und sozialen Gegebenheiten der Teilnehmenden ist daher unbedingt zu achten, dabei heißt Virtuelle Welt nicht zwingend Virtual Reality. Bei offenen, kostenlosen Angeboten ist mit einer höheren No-Show-Rate zu rechnen - daher ist es wichtig, Wartelisten mit direktem Kontakt zu den Personen zu führen. Besonders ärgerlich ist zudem, wenn in institutionellen Gebäuden technische Bedingungen einen Strich durch die Rechnung machen. Es kann vorkommen, dass bestimmte Voreinstellungen dafür sorgen, dass die Software nicht richtig funktioniert. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn wichtige Ports blockiert sind, welche die Software benötigt, um miteinander zu kommunizieren. Diese Probleme lassen sich häufig vermeiden, wenn ein Internetzugang zu Hause genutzt wird. 

Über den Autor 

Matthias Löwe engagiert sich in Form von Workshops, Talks und Festivals mit der Initiative Creative Gaming für einen künstlerischen und kreativen Einsatz von Spielen. Auf dem PLAY - Creative Gaming Festival kuratiert er dabei u.a. die Ausstellung und leitet als Interaktionsdesigner weltweit Workshops im Bereich der prozeduralen Rhetorik und spielerischen Interaktion. Zudem veranstaltet er Spielkultur-Events wie temporäre Escape-Games, XBox-Rock Battles, GameJams und Nacherzähl-Wettbewerbe mit dem Gamestorm-Team, präsentiert Machinima-Shows und co-organisiert A MAZE., das internationale Games & Playful Media Festival. Aktuell setzt sich Matthias stark für Bildungsangebote ein. Er koordiniert die Aktivitäten der deutschen Code Week und war für die Workshops der Demokratielabore in der Open Knowledge Foundation Deutschland verantwortlich. 

Gute, kostenlose bzw. günstige virtuelle soziale Welten: 

  • topia.io: 2D, im Browser, eigene Grafiken und sämtliche html-Inhalte einbindbar, gut für Ausstellungen und „klassische” Workshops an einem PC, da die Freigabe des eigenen Monitors möglich ist 

  • Minetest: 3D, PC/Mac und Android, sehr bekannte Mechanik für Jugendliche, kostenlos, sehr anpassbar, gut für gemeinsame Visionen, interaktive Geschichten und Rollenspiele, Server-Einrichtung nicht ganz ohne 

  • RecRoom: 3D, auf vielen Plattformen, tolle Ästhetik und Immersion, gut für Theater, höhere Anforderungen

  • Mozilla Hubs: 3D, im Browser, schneller Austausch von Dateien untereinander, gut für Präsentationen von Nachforschungen, höhere Anforderungen