Reihe: Inclusive Making
Hier werden sukzessive Texte im Themenbereich "Inclusive Making" vorgestellt. Den Anfang macht das SCAFFOLD-Modell...
- Einleitung: Inclusive Making – Basteln mit digitalen Technologien.. für alle!
- 1. Das SCAFFOLD-Modell
- 2. Making aus ableism-kritischer Perspektive
- 3. Inklusives Coding und Making: Handreichung für die Praxis
Einleitung: Inclusive Making – Basteln mit digitalen Technologien.. für alle!
Kinder und Jugendliche basteln in offenen Werkstätten, Makerspaces, Hackerspaces oder FabLabs selbstständig mit Technik und lernen dabei nach ihren eigenen Bedürfnissen (Schön/Ebner 2019): Das klingt erst mal nach der Idealvorstellung davon allen Kindern und Jugendlichen kreatives und lebensweltnahes Lernen zu ermöglichen – auch denen, die es aus unterschiedlichen Gründen an anderen, formaleren Orten nicht so leicht haben. Die (medien-)pädagogische Arbeit mit digitalen Technologien ist aber nicht per se so inklusiv und niederschwellig, dass alle gleichermaßen partizipieren können.
Digitale Technologien, sei es Software (z.B. Code-Editoren) oder Hardware (z.B. Micro-Controller), wirken für Einsteiger*innen zunächst oft kompliziert und der Umgang mit ihnen bleibt für viele erst mal abstrakt. Sie bieten aber große Potenziale, die voll ausgeschöpft werden können, wenn mögliche Barrieren reflektiert und pädagogische Angebote entsprechend (um-)gestaltet werden. Als Anregungen dafür werden hier Texte im Themenbereich "Inclusive Making" kurz zusammengefasst, die dann nach und nach hier eingestellt werden.
1. Das SCAFFOLD-Modell
Seo, Young Joo/ Richard, Gabriela T. (2021) SCAFFOLDing all abilities into makerspaces: a design framework for universal, accessible and intersectionally inclusive making and learning. In: Information and Learning Sciences. Vol 122, No 11/12
Mit dem SCAFFOLD-Modell weisen die Autor*innen Joo Young Seo und Gabriela T. Richard (2021) auf verschiedene Eigenschaften hin, die Makerspaces zugänglich für alle machen sollen:
Simplicity (= „Einfachheit“): Die Methoden sollten möglichst unkompliziert sein und die Technik intuitiv bedienbar, ohne dass zu große kognitive Leistungen nötig sind.
Collaboration (= „Zusammenarbeit“): Die Kinder und Jugendlichen sollten dazu angeregt werden, in Gruppen zusammenarbeiten zu können und gemeinsam Probleme lösen.
Accessibility (= „Vielfalt medialer Zugänge“): Informationen, z.B. Anleitungen, sollten multi-medial zugänglich sein, d.h. etwa als Video, Audio und/oder durch andere visuelle Hilfsmittel, wie etwa Texte mit Beispielbildern oder farblichen Markierungen, vermittelt werden.
Flexibility: (= „Anpassungsmöglichkeiten“): Die räumliche und technische Ausstattung sollte so gestaltet sein, dass nach Bedarf unterschiedliche Einstellungen vorgenommen werden können, etwa durch höhenverstellbare Tische oder Zoom-Möglichkeiten auf Anzeigen.
Fail-Safe: (= „Sicherheit“): Die Räume und die dort zugängliche Hardware sollte so gestaltet sein, dass das Verletzungsrisiko der Nutzenden minimiert wird.
Object-Oriented (= „Ordnung”): Insbesondere kleine Teile sollten gut sortiert und leicht verständlich gekennzeichnet sein, etwa in kleinen farblich markierte, beschriftete Schachteln.
Linkability (= „Verbindung”): Unterschiedliche Hardware und Software-Anwendungen sowie Alltagsgegenstände sollten nach Möglichkeit in Verbindung miteinander gebracht werden (können).
Diversity (= „Vielfalt“): Die zur Verfügung stehende Technik sollte für alle ansprechend gestaltet und diskriminierungsfrei sein, d.h. mit Blick auf Menschen mit verschiedenen Geschlechtsidentitäten und/oder sozio-ökonomischen und/oder kulturellen Hintergründen.
2. Making aus ableism-kritischer Perspektive
Buchner, Tobias/ Ojo, Jelena (2022). Making und Fähigkeit. Eine ableistische Analyse der Potenziale von Makerspaces in formalen Bildungseinrichtungen. In: Medienimpulse 60(2)
Jelena Ojo und Tobias Buchner (2022) blicken auf Making und Makerspaces aus einer ableism-kritischen Perspektive. Ablesim meint hier, dass die Fähigkeiten von Menschen ohne und Menschen mit Be_Hinderung unterschiedlich bewertet werden.
Der Begriff "Be_Hinderung" (bzw. "dis_ability") stammt aus den Disability Studies und soll verdeutlichen, dass Menschen, die in einem bestimmten Bereich (z.B. Beeinträchtigung des Sehens) be_hindert werden, in vielen anderen Bereichen (z.B. Musik, Empathie, ...) fähig sind. Eine bestimmte Be_Hinderung ist nicht alles, was einen Menschen ausmacht. Zudem unterstreicht das großgeschriebene "H", dass Be_Hinderung erst dadurch entsteht, dass Menschen durch Barrieren im Alltag daran gehindert werden, bestimmten Aktivitäten vollumfänglich nachzugehen.
Solche ungleichen Bewertungen führen zu ungleichen Machtverhältnissen und dem Ausschluss bestimmter Gruppen, etwa in Bildungskontexten. Wenn beispielsweise davon ausgegangen wird, dass Menschen mit Be_Hinderung nicht in gleichem Maße fähig bzw. „normal“ sind, wie ihre Mitmenschen ohne körperliche oder geistige Beeinträchtigung, dann werden sie benachteiligt. Das kann vonseiten der bewertenden Menschen auch unbewusst geschehen, denn die Gesellschaft, in der wir aufwachsen, ist durchzogen von ableistisch geprägten Strukturen. Deshalb sollten pädagogische Fachkräfte ihre eigene Perspektive auf ihre Adressat*innen und der Arbeit mit ihnen stets reflektieren, d.h. etwa die Gestaltung von Orten, wie Makerspaces oder die Wahl von Technologien oder Methoden immer wieder kritisch hinterfragen und schauen, ob alle Menschen gleichermaßen Zugänge zu diesen haben.
In pädagogischen Kontexten ist dieses Problem deswegen besonders relevant, weil Fachkräfte mitunter davon ausgehen, dass sie bereits Fähigkeiten besitzen und ihren Adressat*innen nicht. Damit ist bereits ein Machtverhältnis angelegt, das hinterfragt werden muss:
„Was wer zu können hat und in welchem Ausmaß, welche Fähigkeiten erwartet werden können und welche nicht, wer wirklich etwas nicht kann und wer nur simuliert, wer Anspruch auf Unterstützung hat und wer nicht – all diese Fragen und die zur Beantwortung derselben angelegten Kriterien unterliegen im Königreich des Ableism der Deutungshoheit der Fähigen […]“ (Ojo/Buchner 2022: 7).
3. Inklusives Coding und Making: Handreichung für die Praxis
Landesarbeitsgemeinschaft Lokale Medienarbeit NRW e.V. (LAG LM) (Hrsg.) (o.J). "Dabei sein und mitreden! Coding und Making für alle!"
Die Handreichung der LAG Lokale Medienarbeit NRW richtet sich an (medien-)pädagogische Fachkräfte und bietet neben konkreten Methoden zur Umsetzung inklusiver Projekte im Bereich Making und Coding, wie etwa das "Analoge Programmieren", auch die Übersetzung technik-bezogener Begriffe in einfacher Sprache, wie etwa "Strom-Kreis" oder "Sensor". Ein Beispiel zu "Coding":
Coding ist ein englisches Wort.
Man spricht das: kou-ding.
Übersetzt bedeutet das: codieren
oder programmieren.
Coding ist das Herstellen von Software.
Man spricht das: soft-wär.
Software sind Computer-Programme.
Dazu zählen auch Apps.
Bei der Anwendung von Software,
verarbeitet ein Computer viele Daten.
Welche Daten er verarbeiten soll und wie,
bestimmt die Software.
Dazu gibt sie ihm ganz genaue Anweisungen.(LAG LM (o.J.: 6)
Zudem gibt es Tipps für niedrigschwellige Hardware, wie etwa Ozobots, und Software, wie etwa inklusive Coding-Lern-Apps und viele Links zu weiterführenden Materialien.
Einzelne Methoden werden umfangreich beschrieben und können so von Fachkräften leicht in die eigene pädagogische Arbeit übersetzt werden. Ein Beispiel für eine solche Methode ist das interaktive Plakat. Hier wird ein selbst gestaltetes oder bereits existierendes Plakat mit Kabeln eines Makey Makey verbunden, sodass bestimmte Teile des Plakates, beispielsweise einzelne Bilder oder Texte, mit Audio-Dateien korrespondieren. So kann beispielsweise ein Text auf dem Plakat vorgelesen werden.
Die Handreichung ist hier kostenlos als PDF verfügbar und kann zudem als Printausgabe bestellt werden.