Leitprinzipien für die (medien-) pädagogische Arbeit zu digitalen Technologien

Leitprinzipien für die (medien-) pädagogische Arbeit zu digitalen Technologien: Lebensweltorientierung, Reflexion, Handelndes und Soziales Lernen

Einführung

Damit pädagogische Angebote für Jugendliche zu digitalen Technologien ihre Ziele erreichen können, braucht es einen geeigneten Rahmen, an dem sich Fachkräfte bei ihrer Arbeit orientieren können. Die folgenden Leitprinzipien für die (medien-)pädagogische Arbeit mit Jugendlichen zu digitalen Technologien sollen Fachkräfte dabei unterstützen Jugendlichen den Umgang mit Technologien nachhaltig näher zu bringen und sie für die Zukunft zu stärken.

Die vier pädagogischen Leitprinzipien wurden auf der Grundlage von drei Quellen entwickelt: Erstens der zweijährigen wissenschaftlichen Begleitung des GestaltBar-Netzwerks Berlin, zweitens Leitprinzipien, die in praxisnahen Konzepten und theoretischen Ausarbeitungen zum pädagogischen Praxiskonzept des Making zu finden sind und drittens Leitprinzipien der medienpädagogischen Arbeit, insbesondere der Aktiven Medienarbeit.

Daraus wurden zunächst zentrale Leitprinzipien identifiziert. Diese wurden nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden systematisiert und schließlich zu vier Leitprinzipien zusammengefasst, die sowohl in den begleiteten GestaltBar-Angeboten, als auch in der Literatur zu Medienpädagogik und Making von zentraler Bedeutung sind: Lebensweltorientierung, Reflexion, Handelndes und Soziales Lernen. Dabei lassen sich Lebensweltorientierung und Reflexion der inhaltlichen Ebene der pädagogischen Arbeit, Handelndes und Soziales Lernen der methodischen Ebene zuordnen.

Die vier Leitprinzipien wurden mit Fachkräften, die bundesweit GestaltBar-Angebote durchführen, in zwei Transfer-Treffen im Herbst 2021 diskutiert und reflektiert. Es ging hierbei unter anderem um die Bedeutung der Prinzipien sowie um Schwierigkeiten und Potenziale bei der Umsetzung in der Praxis. Die Ergebnisse der Reflexion flossen in die Ausarbeitung der vier Leitprinzipien ein.

Die vier Leitprinzipien

Die vier Leitprinzipien

Lebensweltorientierung

Theoretische Herleitung

Als zentrales Element der Lebensweltorientierung wird beschrieben, dass sich Zielvorstellungen und Arbeitsweisen aus den Wünschen und Fähigkeiten der Jugendlichen ergeben (vgl. u.a. Bürgermeister 2009; Fromme 2013; Schell 2013; Demmler/Rösch 2014; Schön et al. 2019). Dabei muss stets zwischen pädagogischen Ansprüchen und den Interessen und Bedarfen der Teilnehmenden abgewogen werden.
Jugendliche eignen sich Medien und digitale Technologien abseits von formalen Bildungskontexten in ihrer Lebenswelt selbst oft situativ und spielerisch an (Röll 2014). Daher sollte das Prinzip, insbesondere im Sinne einer Orientierung an den Bedarfen von Jugendlichen aus sozial und kulturell benachteiligenden Verhältnissen, beispielsweise durch kurze, strukturierte Einheiten und ein spielerisches, grundsätzlich offenes Vorgehen realisiert werden (Niesyto 2007; Kutscher et al. 2009; Vossoughi/Bevan 2014). Eine besondere Herausforderung stellt hierbei die große Heterogenität der Zielgruppe dar.
Es sollten niedrigschwellige und möglichst lebensweltliche Technikzugänge (z.B. Smartphone oder Games) ermöglicht werden. Die erarbeiteten Ergebnisse sollten dabei möglichst der Medienwelt der Jugendlichen entsprechend ansprechend sein.
Gleichzeitig sollte Jugendlichen ein möglichst großer Freiraum an eigener Themensetzung gegeben werden, wobei ein thematischer Rahmen gegeben sein kann (z.B. “Musik” oder “Naturschutz”). Beispiele aus der Lebenswelt der Jugendlichen helfen im Sinne des exemplarischen Lernens (Schell 2013) dabei komplexe Themen zugänglich zu machen. Lebensweltorientierung beinhaltet auch durch die Berücksichtigung verschiedener Dimensionen von Diversität. Eine gezielte inklusive Ansprache sollte dabei auch Mädchen für die Angebote interessieren, die häufig unterrepräsentiert sind (vgl. Collmer 2001; Eble 2003; Sammet 2003).

Eindrücke aus der Praxis

Fachkräften ist es sehr wichtig die pädagogische Arbeit mit digitalen Technologien am Alltag der teilnehmenden Jugendlichen auszurichten. In ihrer Idealvorstellung ermöglicht die Nutzung lebensweltnaher Technologien und die Bearbeitung lebensweltnaher Themen theoretische Bezüge, emotionale Bindungen und konkrete Anknüpfungsmöglichkeiten zu der Lebenswelt der Zielgruppe. Dadurch werde das Interesse der Jugendlichen geweckt sowie ihre Motivation und ihr Durchhaltevermögen gesteigert. Lebensweltorientierung ermögliche dadurch Selbstwirksamkeitserfahrungen und nachhaltiges Lernen.
Um die gewünschten Effekte der Lebensweltorientierung zu erreichen, akzeptieren die Fachkräfte die Jugendlichen als Expert:innen und lassen sie eigene Schwerpunkte und Themen setzen. Allerdings sind die Ideen, die die Jugendlichen einbringen aufgrund fehlender Ressourcen oft nicht umsetzbar und müssen angepasst bzw. vereinfacht werden. Zum anderen entsteht ein Spannungsverhältnis zwischen Lebensweltnähe und der inneren Haltung der Fachkräfte, wenn Fachkräfte einen bestimmten lebensweltnahen Inhalt etwa als nicht für ihren pädagogischen Arbeitskontext angemessen beurteilen. Das Abwägen zwischen pädagogisch wertvollen und lebensnahen Themen und Herangehensweisen, stellt Fachkräfte immer wieder vor Herausforderungen. Grundsätzlich entwickeln sich Abwägungsprozesse zwischen dem Vorgeben bestimmter Inhalte und dem Offenlassen inhaltlicher Gestaltungsspielräume. Manche Fachkräfte bieten den Jugendlichen, meist zu Beginn des Angebots, bestimmte Technologien und Themen an, lassen dann aber Freiräume für eigene Schwerpunktsetzungen. Gerade bei offeneren Angeboten stellen Fachkräfte aber auch fest, dass Teilnehmende manchmal nach einiger Zeit ihre eigenen Ideen verwerfen und zum vorgegebenen Inhalt zurückkehren. Auch auf Ebene der angewandten Technologien stehen Fachkräfte vor einer Herausforderung. Einige Fachkräfte haben klare Vorstellungen davon, welche Technik lebensweltnah sei (z.B. Smartphones) und welche es nicht (z.B. 3D-Drucker). Dennoch kann auch mit weniger im Alltag anzufindenden Technologien lebensweltorientiert gearbeitet werden, wenn damit lebensweltnahe Themen behandelt werden. So kann mit dem 3D-Drucker beispielsweise ein bestimmtes Pokémon
gedruckt und für weiterführende (medien-)pädagogische Arbeit genutzt werden. Eine weitere Schwierigkeit bringen heterogene Gruppen mit sich. Je unterschiedlicher die Teilnehmenden sind, etwa hinsichtlich Alter und Vorwissen, sozialer Herkunft, Habitus, Interessen usw., desto schwieriger gestaltet sich die Umsetzung der Lebensweltorientierung, weil konkrete gemeinsame Bezüge fehlen. Gleichzeitig zeigen sich hier auch Potenziale, wenn etwa ältere Teilnehmende sich an lebensweltnahe Technik der jüngeren (z.B. LEGO) anpassen und plötzlich die Rolle von Expert*innen übernehmen oder eine Gruppe der anderen ihre lebensweltlichen Erfahrungen mit Technologien näherbringt.

Die vier Leitprinzipien

Reflexion

Theoretische Herleitung

Die Jugendlichen sollten sich eigenständig und explorativ mit digitalen Technologien beschäftigen. Es sollte experimentelle Phasen geben, in denen die Jugendliche sich ohne konkretes Ziel ausprobieren können. In der aktiven Auseinandersetzung mit dem Gegenstand in einer offenen Lernumgebung eignen sie sich ihren Bedarfen nach dem Umgang mit Technologie an und machen dabei eigenständig Lernerfahrungen (Schell 2005; Schell 2013; Fromme 2013; Demmler/Rösch 2014; Schön et al. 2016; Schön et al. 2019). Der grundsätzlich offene und explorative Lernprozess wird begleitet durch pädagogische Fachkräfte und ist gerahmt durch klar formulierte Zielvorstellungen. Das Festlegen von (Zwischen-)Zielen und Ergebnissen ermöglicht das Wahrnehmen eines strukturierten planmäßigen Prozesses. Zugleich muss immer zwischen der Eigenmotivation der Teilnehmenden und der realistischen Umsetzbarkeit im Projekt abgewogen werden. Dabei sollte grundsätzlich eine konstruktive Fehlerkultur vorherrschen (Schäfer/Lojewski 2007; Kutscher et al. 2009; Niesyto 2010). Selbst erstellte Produkte und selbsttätige Prozesse ermöglichen Erfolgserlebnisse, bestärken Selbstwirksamkeitserwartungen, und damit auch zukünftige Handlungsmotivation in den jeweiligen Bereichen. In Präsentationsformaten können die Jugendlichen ihre (Zwischen-)Ergebnisse vorstellen und als selbst erarbeitete Erfolge wahrnehmen (Kutscher et al. 2009; Demmler/Rösch 2014; Schön et al. 2016; Schön et al. 2019).

Eindrücke aus der Praxis

Das Ermöglichen eines selbstständigen und explorativen aktiven Auseinandersetzens mit Technik ist für Fachkräfte von großer Bedeutung für ihre pädagogische Arbeit. Im Sinne des Prinzips des Handelnden Lernens, sollen die Teilnehmenden möglichst viel selbst machen und ausprobieren, ohne dass vorher umfangreiches Wissen vermittelt wird. Dabei wird auf eine konstruktive Fehlerkultur geachtet: Die Teilnehmenden sollen Fehler machen können und dann daraus lernen. Im Besten Fall erfahren die Jugendlichen dadurch eigenständig Selbstwirksamkeit. Allerdings müssen sie im Prozess auch von Fachkräften begleitet werden. Das Abwägen zwischen einer grundsätzlich möglichst offenen Lernumgebung und der einzelnen Betreuung fällt Fachkräften nicht immer leicht. Sie verfolgen unterschiedliche Wege, um hier die richtige Balance zu finden. Zum einen wird Teilnehmenden zu Anfang des Angebots ein Input zu einem bestimmten Thema oder eine Erklärung zu einer bestimmten Technologie gegeben. Danach arbeiten die Teilnehmenden eigenständig an ihren Projekten. Zum anderen wird von Anfang an eine sehr offene Lernumgebung geschaffen, wobei die Fachkräfte nur bei Bedarf Hilfestellungen geben. Fachkräfte reflektieren in diesem Zusammenhang auch den institutionellen Kontext der Schule. Während im Unterricht grundsätzlich strukturiert und mit klaren Zielvorstellungen gearbeitet wird, ermöglicht das Arbeiten in den Angeboten der Fachkräfte oftmals ein freieres Vorgehen. Sie schätzen es auch, dass in ihren Angeboten, im Vergleich zum sonstigen Unterricht, ein anderer Mindset bei den Teilnehmenden herrscht. Allerdings sind die Angebote durch die manchmal enge Anbindung an den Schulkontext auch teilweise in ihrer Offenheit stark begrenzt. Eine Schwierigkeit bei der Umsetzung des Prinzips des Handelnden Lernens stellen die unterschiedlichen Betreuungsbedarfe der Teilnehmenden dar. Manche Teilnehmende brauchen eine klarere Struktur, während andere eher eigenverantwortlich arbeiten können. Ein Potenzial bietet hier die Arbeit in Gruppen und das Peer-Learning.

Die vier Leitprinzipien

Handelndes Lernen

Theoretische Herleitung

Die Jugendlichen sollten sich eigenständig und explorativ mit digitalen Technologien beschäftigen. Es sollte experimentelle Phasen geben, in denen die Jugendliche sich ohne konkretes Ziel ausprobieren können. In der aktiven Auseinandersetzung mit dem Gegenstand in einer offenen Lernumgebung eignen sie sich ihren Bedarfen nach dem Umgang mit Technologie an und machen dabei eigenständig Lernerfahrungen (Schell 2005; Schell 2013; Fromme 2013; Demmler/Rösch 2014; Schön et al. 2016; Schön et al. 2019). Der grundsätzlich offene und explorative Lernprozess wird begleitet durch pädagogische Fachkräfte und ist gerahmt durch klar formulierte Zielvorstellungen. Das Festlegen von (Zwischen-)Zielen und Ergebnissen ermöglicht das Wahrnehmen eines strukturierten planmäßigen Prozesses. Zugleich muss immer zwischen der Eigenmotivation der Teilnehmenden und der realistischen Umsetzbarkeit im Projekt abgewogen werden. Dabei sollte grundsätzlich eine konstruktive Fehlerkultur vorherrschen (Schäfer/Lojewski 2007; Kutscher et al. 2009; Niesyto 2010). Selbst erstellte Produkte und selbsttätige Prozesse ermöglichen Erfolgserlebnisse, bestärken Selbstwirksamkeitserwartungen, und damit auch zukünftige Handlungsmotivation in den jeweiligen Bereichen. In Präsentationsformaten können die Jugendlichen ihre (Zwischen-)Ergebnisse vorstellen und als selbst erarbeitete Erfolge wahrnehmen (Kutscher et al. 2009; Demmler/Rösch 2014; Schön et al. 2016; Schön et al. 2019).

Eindrücke aus der Praxis

Das Ermöglichen eines selbstständigen und explorativen aktiven Auseinandersetzens mit Technik ist für Fachkräfte von großer Bedeutung für ihre pädagogische Arbeit. Im Sinne des Prinzips des Handelnden Lernens, sollen die Teilnehmenden möglichst viel selbst machen und ausprobieren, ohne dass vorher umfangreiches Wissen vermittelt wird. Dabei wird auf eine konstruktive Fehlerkultur geachtet: Die Teilnehmenden sollen Fehler machen können und dann daraus lernen. Im Besten Fall erfahren Jugendliche dadurch eigenständig Selbstwirksamkeit. Allerdings müssen sie im Prozess auch von den Fachkräften begleitet werden. Das Abwägen zwischen einer grundsätzlich möglichst offenen Lernumgebung und der einzelnen Betreuung fällt den Fachkräften nicht immer leicht. Sie verfolgen unterschiedliche Wege, um hier die richtige Balance zu finden. Zum einen wird Teilnehmenden zu Anfang des Angebots ein Input zu einem bestimmten Thema oder eine Erklärung zu einer bestimmten Technologie gegeben. Danach arbeiten die Teilnehmenden eigenständig an ihren Projekten. Zum anderen wird von Anfang an eine sehr offene Lernumgebung geschaffen, wobei Fachkräfte nur bei Bedarf Hilfestellungen geben. Fachkräfte reflektieren in diesem Zusammenhang auch den institutionellen Kontext der Schule. Während im Unterricht grundsätzlich strukturiert und mit klaren Zielvorstellungen gearbeitet wird, ermöglicht das Arbeiten in den Angeboten der Fachkräfte oftmals ein freieres Vorgehen. Sie schätzen es auch, dass in ihren Angeboten, im Vergleich zum sonstigen Unterricht, ein anderer Mindset bei den Teilnehmenden herrscht. Allerdings sind die Angebote durch die manchmal enge Anbindung an den Schulkontext auch teilweise in ihrer Offenheit stark begrenzt. Eine Schwierigkeit bei der Umsetzung des Prinzips des Handelnden Lernens stellen die unterschiedlichen Betreuungsbedarfe der Teilnehmenden dar. Manche Teilnehmende brauchen eine klarere Struktur, während andere eher eigenverantwortlich arbeiten können. Ein Potenzial bietet hier die Arbeit in Gruppen und das Peer-Learning.

Die vier Leitprinzipien

Soziales Lernen

Theoretische Herleitung

Das kollaborative Arbeiten in Gruppenarbeit und die kooperative Arbeit an einem Produkt ermöglichen ein niedrigschwelliges Peer-to-Peer-Lernen und Mentoring-Prozesse. Durch das soziale Lernen entstehen Beziehungen zwischen den Teilnehmenden, wodurch gegenseitig die Motivation gestärkt werden kann. Weiterhin werden soziale und kommunikative Kompetenzen gefördert, wie etwa Teamfähigkeit oder die Fähigkeit unterschiedliche Perspektiven zu übernehmen. (Schell 2013; Sharpels et al. 2013; Demmler/Rösch 2014; Kerres/Rehm 2015; Schön et al. 2016). Dies erfordert jedoch eine ständige sensible Begleitung der Fachkräfte, damit eine konstruktive und wertschätzende Atmosphäre gewährleistet werden kann (Kutscher et al. 2009; Schön et al. 2016).
Die Arbeit mit digitalen Technologien in offenen Lernumgebungen bietet vielfältige Potenziale für das soziale Lernen. Teilnehmende mit weniger Vorkenntnissen können in diesen Zusammenhängen von erfahrenen Teilnehmenden lernen und es kann gemeinsam oder nebeneinander an eigenen Projekten gearbeitet werden (Sharpels et al. 2013; Schön et al. 2016).

Eindrücke aus der Praxis

Neben dem Anregen von technik-bezogenen Lernprozessen, ist auch die Förderung sozialer Kompetenzen sehr wichtig. Durch die eigenständige Arbeit in der Gruppe sollen gegenseitiger Respekt sowie Kommunikations- und Teamfähigkeiten gestärkt werden. Zugleich lernen die Jugendlichen so voneinander und profitieren von unterschiedlichen Wissensständen, indem sie Unterstützung von ihren Peers erfahren bzw. sich in der Rolle von Expert*innen wahrnehmen. Die Teilnehmenden denen geholfen wird verstehen so, dass man nicht alles wissen muss und es manchmal reicht, jemanden zu kennen, den oder die man fragen kann. Die helfenden Teilnehmenden kommen in der Position Verantwortung für ihre Peers zu übernehmen und gehen mit größerem Selbstbewusstsein aus der Situation heraus. Allerdings durchlaufen Fachkräfte bei der Umsetzung des Prinzips des Sozialen Lernens einen Abwägungsprozess: Je nach Zusammensetzung der Teilnehmenden ist manchmal eine konzentrierte Einzelarbeit und manchmal eine Gruppenarbeit förderlicher.
Auch hier zeigt sich, dass ein wenig formalisiertes und offenes Setting Potenziale mit sich bringt. Hier erfolgt die freie Gruppenarbeit und das Peer-Learning oftmals in einer konstruktiven Atmosphäre als vielfach im eher strukturierten schulischen Kontext. Mit einer sehr offenen Form der Gruppenarbeit wurden aber teilweise auch negative Erfahrungen gemacht. Die Fachkräfte stimmen darin überein, dass es in diesem Zusammenhang eine pädagogische Rahmung braucht, in der sich Gruppendynamiken sowohl in der peer-begleiteten Einzelarbeit als auch in kleineren Gruppen entfalten können.

Schluss

Bei der (medien-)pädagogischen Arbeit mit digitalen Technologien bewegen sich die Fachkräfte ständig zwischen zwei Polen: Einerseits die gänzlich freie Werkstatt, in der die Jugendlichen sich, geleitet von eigenen Ideen, selbstständig den Umgang mit Technik aneignen, ohne, dass allzu stark von außen eingegriffen wird. Andererseits die enge (sozial-)pädagogische Betreuung durch Fachkräfte, die Inhalte vorgeben und Lern- und Gruppenprozesse steuern. Während eine möglichst offene Lernumgebung im Sinne der Maker-Bewegung vielfach gewünscht ist, so erfordert gerade die Arbeit mit Jugendlichen aus benachteiligenden Verhältnissen oftmals eine klare Struktur. Einen Zwischenweg stellt hier ein grundsätzlich offenes Setting, mit einer im Vorfeld konzipierten Rahmung dar, auf die im Bedarfsfall zurückgegriffen werden kann. Das Spannungsverhältnis zwischen Offenheit und Strukturiertheit zeigt sich auf der inhaltlichen und auf der methodischen Ebene:

Im Sinne des Prinzips der Lebensweltorientierung sollten die Teilnehmenden möglichst selbst bestimmen, welche Themen und Technologien sie bearbeiten möchten. Gleichzeitig müssen die Inhalte der Teilnehmenden mit den Ansprüchen der Fachkräfte, externen Anforderungen und den zur Verfügung stehenden Ressourcen abgeglichen werden.

Hinsichtlich des Prinzips der Reflexion stellt sich die Frage, inwieweit die Teilnehmenden selbstständig im Zusammenhang mit ihrem Handeln reflektieren oder ob sie Reflexionsanstöße von außen brauchen. Das gilt besonders dann, wenn gesellschaftspolitische Themen in den Angeboten bearbeitet werden sollen, die sich nicht direkt aus der Arbeit mit der Technik ergeben.

Auch auf der methodischen Ebene finden Abwägungsprozesse statt: Inwieweit können die Teilnehmenden, im Sinne des Handelnden Lernens, eigenständig an ihren Projekten arbeiten und inwieweit müssen sie dabei betreut werden? Das Spannungsverhältnis betrifft hier auch die Frage, ob Selbstwirksamkeit eigenständig erfahren werden kann oder von den Fachkräften angeregt werden muss.

In Bezug auf das Soziale Lernen sollten sich Gruppendynamiken frei entfalten. Gleichzeitig muss für eine konstruktive Atmosphäre gesorgt werden, in der sich alle Teilnehmenden wohl fühlen. Auch hier zeigt sich also ein Spannungsverhältnis zwischen offenen und strukturierten Arbeitsweisen.

Literaturverzeichnis

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